Während und nach des Krieges

Kamp Vught, auch Konzentrationslager Herzogenbusch genannt, war das einzige SS-Konzentrationslager außerhalb des nationalsozialistischen Deutschlands und der von Nazideutschland annektierten Gebiete während des Zweiten Weltkriegs. Erfahren Sie mehr über die Kriegsgeschichte des Lagers.

Sommer 1942 - der Aufbau

In den Wäldern um Vught sind Bauarbeiten im Gange. Dutzende von Bauarbeitern aus Vught, aber auch aus anderen Teilen der Niederlande, machen sich im Sommer 1942 an die Arbeit. Die Arbeit ist angesichts der Arbeitslosigkeit und der drohenden Zwangsarbeit in Deutschland willkommen. Es ist ein großes Projekt. Mit Lastwagen werden sechstausend Kubikmeter Holz, neuntausend Tonnen Zement und dreißig Millionen Ziegelsteine angeliefert.

Aber was wird hier gebaut? Eine Kaserne? Ein Flughafen? Das bleibt verborgen. Genauso wie die Herkunft des Geldes für den Bau. Die fünfzehn Millionen Gulden, die das Projekt kostet, werden den Juden in den gesamten Niederlanden abgenommen. Die Plünderung jüdischen Eigentums ist eines der Mittel, mit der die Besatzungsmacht die niederländischen Juden isoliert und ausgrenzt. Erst nach Monaten wird klar, was in der Nähe des Dorfes gebaut wird: ein Konzentrationslager.

Winter 1943 – Ankunft

Im Januar 1943 sehen die Einwohner von Vught, wie Tausende von Menschen bei eisiger Kälte am Bahnhof ankommen. Sie sind Häftlinge, und ihr Ziel ist das Konzentrationslager Herzogenbusch: der offizielle Name des Kamp Vught. Sie müssen eine Stunde lang zum Lager laufen, oft ohne Mantel. Bei ihrer Ankunft müssen sie alles abgeben, was sie zu Menschen macht: ihre Kleidung, ihre Besitztümer, sogar ihren Namen. Jeder Häftling ist einer Kategorie zugeordnet, die durch ein farbiges Dreieck auf dem Gefängnisanzug gekennzeichnet ist. Ob Jude oder politischer Häftling, jede Gruppe hat ihren eigenen Platz im Lager.      

Die ersten Häftlinge kommen in einem unfertigen Lager an. Es ist kalt und schmutzig. In den ersten Monaten sterben mehr als 140 Menschen aufgrund von Misshandlungen, Krankheiten und Unterernährung. Die Lage bessert sich – langsam.

Frühjahr 1943 - Arbeiten im Lager

Auch nach dem Bau des Lagers muss dort noch gearbeitet werden. Die Häftlinge müssen das Lager selbst am Laufen halten. Darüber hinaus werden sie zunehmend von der deutschen Kriegsindustrie beschäftigt. Die Arbeit in Kamp Vught kann von anstrengend bis hin zu geisttötend reichen.

Eine wichtige Werkstatt im Lager ist das „Philips-Kommando“, das Anfang 1943 gegründet wurde. Unter dem Druck der Besatzungsmächte setzt die Firma Philips aus Eindhoven Häftlinge zur Arbeit ein. Sie müssen zum Beispiel Radios löten und Dynamotaschenlampen fertigen. Das „Philips-Kommando“ ist ein beliebter Arbeitsort, auch weil die Häftlinge dort gutes Essen bekommen. Außerdem gibt es einen Flugzeugschrottplatz.
Nicht alle Häftlinge arbeiten im Lager. Viele Häftlinge – hauptsächlich Männer, die von ihren Familien getrennt sind – arbeiten außerhalb des Lagers. Die Arbeit in diesen Außenkommandos ist oft hart und gefährlich.

Sommer 1943 - Zwischenstation

Kamp Vught ist ein Rädchen in einem internationalen Netzwerk von Lagern. Die Gefangenen kommen aus Dutzenden von Ländern, hauptsächlich aus den Niederlanden, aber auch aus anderen Ländern: Deutschland, Belgien, Frankreich, Norwegen, Surinam, Marokko, Polen oder Niederländisch-Ostindien. Der Weg nach Vught ist für jeden dieser Menschen anders. Auch nach der Gefangenschaft im Kamp Vught gibt es sehr unterschiedliche Schicksale. Einige niederländische Geiseln sind in der Lage, schon nach wenigen Monaten ein Telegramm mit der Botschaft „Ich komme nach Hause“ zu schicken. Ein paar entkommen.  
              
Doch andere Häftlinge, oft Juden, erwartet nach Vught ein grausamer Tod. So werden am 6. und 7. Juni 1943 fast 1.300 jüdische Kinder im Alter von null bis sechzehn Jahren auf Transporte geschickt. Drei Tage später werden sie fast alle im Vernichtungslager Sobibor im besetzten Polen ermordet, insgesamt 3014 Menschen, ein oder beide Elternteil/e und die Kinder.

Herbst 1943 – Zusammenleben im Lager

Das Zusammenleben mit Tausenden anderen, ständig beobachtet werden und nicht frei sein, bedeutet ein völlig anderes Leben, als die Menschen es gewohnt sind. In Vught ist „das ganze Leben eine Welt für sich“, so beschreibt ein Häftling die Lagergemeinschaft.  
Arbeiten, Essen, Schlafen, Duschen, sogar der Gang zur Toilette: Das alles muss gemeinsam und zu festen Zeiten erledigt werden. Es gibt eine eigene Sprache, eigenes Lagergeld und jede Menge ungeschriebene Regeln in den verschiedenen Teilen von Kamp Vught.

Ein und dasselbe Lager ist für jeden anders. Juden, Studenten, Geiseln, politische Gefangene, Zeugen Jehovas, Schwarzmarkthändler, Männer, Frauen, Kinder: Die einen erleben Kamp Vught als ein relativ mildes Straflager, für die anderen ist es die Hölle auf Erden. Aber wie der niederländische Historiker Loe de Jong sagte: „Auch die Hölle hat Abstufungen“.

Winter 1944 – Gewalt und Widerstandsfähigkeit

Gewalt ist in Kamp Vught immer präsent, sie ist Teil des Systems. Das Wachpersonal nutzt seine Macht, um Gefangene zu bestrafen, zu misshandeln und zu demütigen. So halten sie die Ordnung aufrecht. Manchmal laufen die Dinge völlig aus dem Ruder, wie beim sogenannten „Bunkerdrama“. In der Nacht vom 15. auf den 16. Januar 1944 sterben 10 der 74 weiblichen Häftlinge, als sie von den Wärtern in eine winzige Zelle des Lagergefängnisses eingesperrt werden.

In vielerlei Hinsicht versuchen die Häftlinge, das grausame Lagerleben erträglich zu machen. Mit Kunst, Kreativität oder Musik. Die Häftlinge erfinden Spiele, es gibt eine kleine Bibliothek. Und wenn jemand Geburtstag hat, wird er so gut wie möglich gefeiert. Auch der Glaube und die Solidarität geben vielen Gefangenen die nötige Widerstandsfähigkeit.

Sommer 1944 - Das Ende naht

Schon im Frühjahr 1944 ist klar, dass der Krieg für Nazi-Deutschland nicht gut ausgehen wird. Die Spannungen bei der KZ-Leitung und den Wachen nehmen zu. Das Leben im Kamp Vught wird härter. Viele Gefangene leben zwischen Hoffnung und Angst.
Nach der Invasion der Alliierten Anfang Juni gibt Berlin den Befehl: Verdächtige Gefangene können ohne Gerichtsverfahren hingerichtet werden. SS-Männer erschießen in etwa drei Monaten 329 Männer auf der Hinrichtungsstätte außerhalb des Lagers. Tausende andere Gefangene werden kurz vor der Befreiung nach Deutschland transportiert. Schließlich werden viele von ihnen dort getötet.

Anfang September finden die letzten Transporte statt. Die Wachen gehen mit oder fliehen. Dann ist das Lager bis auf ein paar hundert Geiseln geräumt. Auch sie werden bald freigelassen. Als die alliierten Soldaten das KZ im Oktober 1944 erreichen, ist es ruhig und leer.


1944-1949: Internierungslager

In weniger als eineinhalb Jahren gehen mehr als 32.000 Menschen durch die Tore des „Konzentrationslagers Herzogenbusch“. Am 5. und 6. September 1944 werden alle verbliebenen politischen Häftlinge in KZs in Deutschland deportiert. Am 27. Oktober finden die britischen Befreier das Lager leer vor. Das Gelände wird schon bald für andere Gruppen vorgesehen.

Nachdem die letzten Gefangenen im September nach Sachsenhausen und Ravensbrück transportiert wurden, wird das Lager leer zurückgelassen. Ab Oktober 1944 kommen die ersten mutmaßlichen Kollaborateure, Mitglieder der NSB und Reichsdeutsche, in das Internierungslager Vught. Mitte Januar 1949 wird das Internierungslager aufgelöst.

1944-1945: Evakuierte deutsche Zivilisten

Zum Teil wird das Gelände im gleichen Zeitraum als Auffanglager für deutsche Zivilevakuierte aus dem Grenzgebiet bei Sittard, der „Selfkant“, eingerichtet. Nachdem die Alliierten den Süden des Landes erobert hatten, geraten diese Zivilisten an die Front. Sie werden nach Vught evakuiert (Mitte November 1944 bis Mitte Mai 1945).

Ab 1951: Wohngebiet Lunetten

Ab März 1951 wird das Lager Vught als Wohnort Lunetten für süd-molukkische KNIL-Soldaten und ihre Familien umgebaut. Erst 1992 werden die Baracken des Lagers abgerissen (mit Ausnahme von Baracke 1). Es entsteht ein neues Wohngebiet, in dem die seit 1951 eingewanderten Molukken und die in den Niederlanden geborenen neuen Generationen von Molukken leben. Die molukkische Kirche befindet sich in einem Teil von Baracke 1A.

Besuch der Baracke 1B

Im Jahr 2013 wird die restaurierte Baracke 1B eröffnet, in der die Ausstellung „Wenn Mauern sprechen könnten“ die Geschichten der verschiedenen Gruppen erzählt, die während und nach dem Krieg im Lager lebten.

Der Eintritt in die Baracke 1B ist in Ihrem Ticket für die Gedenkstätte enthalten. Bitte beachten Sie: Die Baracke 1B hat andere Öffnungszeiten!

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